Was verstehen wir unter Heimat heute? Wo finden wir in Zeiten der Globalisierung noch einen Ort zum Verwurzeln und Verweilen? Wie entstehen vielleicht neue Heimaten in der digitalen Welt der sozialen Netzwerke? Was bedeutet es, (s)eine Heimat zu verlieren und sich eine oder mehrere neue Heimaten erobern zu müssen? Und können wir uns vielleicht durch aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben neu be-„heimaten“? „Wenn wir in der Lage sind, aus der Umwelt einen Teil unserer Innenwelt zu machen, können wir vielleicht im Laufe unseres Lebens uns selbst aus mehreren Heimaten zusammensetzen.“
„heimaten“ ist eine neue monatliche Veranstaltungsreihe am Jungen SchauSpielHaus, die Heimat aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Wir werfen neue Perspektiven auf den negativ besetzten und altmodisch scheinenden Begriff, um gemeinsam durch Partizipation neue Heimaten zu beschreiben und zu leben. Aktives „heimaten“ ist dabei der Weg und das Ziel der Reihe, die im besten Fall zu einem Stück gelebte Utopie eines neuen und interkulturellen Zusammenlebens wird.
Jeder Abend präsentiert sich dabei anders: Die Bandbreite umfasst Inszenierung, szenische Lesung, Performance, Tanz, Konzert, Speed-Dating, Stadtspaziergang und interaktive Spielanordnung. Regelmäßig wird ein Gast in einem sehr persönlichen Interviewformat befragt. Im Anschluss sind Zuschauer und Künstler eingeladen, gemeinsam im Foyer zu speisen und weiter zu diskutieren. Für jede Veranstaltung wird ein kulinarisch passendes Gericht bereitet und wir lassen den Abend gemeinsam mit Musik und Gesprächen ausklingen.
Künstlerische Leitung Ron Zimmering BestBoy Almut Schlepper Koch Thorsten Koch
Am 30/09 stehen »Die Schutzfliehenden« im Mittelpunkt. Angefangen bei den Danaos-Töchtern des Aischylos, die aus Ägypten fliehen, um in Griechenland um Asyl zu bitten, über Fragen zur gegenwärtigen Flüchtlings-politik bis hin zu Einsiedlerkrebsen, die ihr Leben lang von einem Heim zum nächsten wechseln, gehen wir der Frage nach: Was bedeutet es, seine Heimat zu verlieren und sich eine neue erobern zu müssen?
heimaten #2 fragt unmittelbar nach dem Ort, an dem wir uns befinden. All to nah (Altona), lange eigenständige Stadt unter dänischer Krone, schließ- lich von den Nationalsozialisten an Hamburg angegliedert, versteht sich traditionell als offene Stadt: Heimat der Arbeiter, der Andersdenkenden, der Ausgegrenzten. 2001 wird Süleyman Taşköprü hier vom rechten Terrornetz- werk NSU ermordet. 2014 demonstrieren Anwohner gegen die Umbenen- nung des Tatorts Schützenstraße in Taşköprüstraße. Wir begeben uns auf eine schlaglichtartige Zeitreise in die Untiefen Altonas und stellen uns dabei die Frage: in welchem Stadt/teil wollen wir heute leben?
In heimaten #3 verlassen wir die analoge Welt und fragen: Wie beheimaten wir uns durch soziale Netzwerke im Internet? Wie ist es, im digital trash aufzuwachsen? Und warum ist es eigentlich so schwer geworden, in der U-Bahn zu flirten? Zu Gast sind die DeluxeKidz, gegründet und begleitet vom Hamburger Rapper Samy Deluxe. Sie rappen, tanzen und singen – und erzählen dabei ganz nebenbei die Geschichte einer Jugend im urban-digitalen Wahnsinn.
Was macht uns Deutsche aus? Warum haben wir so ein Problem mit unserer Identität? Und wofür können uns die Anderen gern haben? In heimaten #4 geht es auf Winterreise. Heinrich Heine, Franz Schubert und der Kabary-Redner Hasina Samoelinanja aus Madagaskar machen sich auf den Weg, um der deutschen Seele nachzuspüren. Drei Männer. Drei Reiseberichte. Drei Blickwinkel auf Deutschland.
In der Begegnung mit Kindern der Gastarbeitergeneration und heute geflüchteten jungen Menschen konzentriert sich heimaten #5 auf die Bedeutung der Familie. Welche Auswirkungen hat die Zerissenheit zwischen alter und neuer Heimat auf die Familienbande? Was bedeutet es, von seiner Familie getrennt zu leben? Was braucht es, um angekommen zu sein?
In heimaten #6 begeben wir uns auf eine unfreiwillige Weltreise. Wir folgen der Lebensgeschichte des Schriftstellers Max Zimmering, der als 24-jähriger Deutschland verlassen musste und 13 Jahre als Emigrant um die Welt geschickt wurde. Es ist der Bericht einer abenteuerlichen Reise, die Geschichte eines werdenden Künstlers, das Schicksal eines Juden. Sein Enkel begibt sich auf Spurensuche, ein Diskurs über Heimat und Exil.
Allen griechischen Mythen vorausgehend war das Chaos, aus dem die Berge, die Meere, der Himmel und die Menschen erstanden. Mit der Entstehung der Städte, Länder und Grenzen, entstanden die Heimaten, für die die griechischen Helden kämpften, aus denen junge Halbgötter flohen, in die Geflüchtete und Verdammte zurückkehrten. In heimaten #7 stellen wir uns den großen Fragen rund um Heimat in den Ursprüngen der griechischen Mythologie.
Als vor 150 Jahren das erste AutoMOBIL erfunden wurde, befürchteten viele, das menschliche Gehirn könne mit dem steigernden Tempo nicht mithalten. Heute jetten wir in wenigen Stunden einmal um den Globus. "Höher, Schneller, Weiter" ist die Maxime unserer globalisierten Welt. Der ständige Wechsel von Wohnort, Beruf und Partnerschaft prägt unser Leben. Was bringt uns diese gewonnene Flexibilität? Und was ist der Preis dafür?
Über ein Jahr hinweg beschäftigten wir uns rund um das Thema Heimat. Wir suchten, forschten, befragten, diskutierten und spielten um neue Perspektiven und Blickwinkel zu entdecken. Zu unserer letzten Folge laden wir noch einmal alle Künstler und Künstlerinnen der letzten Abende ein. In einem bunten - kulinarischen wie künstlerischen - Potpourri präsentieren sie ein gemeinsames Mahl und bereichern es mit eigenen Geschichten und persönlichen Beiträgen. Im Anschluss lassen wir es krachen. Kommt und feiert mit uns!